Viele Betroffene kennen die Probleme bei der Suche nach Psychotherapie. Es sind kaum verfügbare Therapieplätze zu finden, Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen sind nur in kleinen Zeitfenstern erreichbar und dann häufig noch durchweg besetzt. Ist doch einmal jemand am Telefon, erhält man entweder eine Absage oder landet mit viel Glück auf der Warteliste. Meist müssen Betroffene dann jedoch noch viele Monate bis Jahre warten, bis sie an der Spitze der Warteliste sind und ihre Psychotherapie starten können. Für gesetzlich Versicherte gibt es jedoch eine gute Chance, die lange Wartezeit zu verkürzen und den Aufwand der Suche zu verringern.
Das Kostenerstattungsverfahren kann die Wartezeit bis zur Psychotherapie verkürzen
Diese Chance ist das sogenannte Kostenerstattungsverfahren, welches auch von der Bundespsychotherapeutenkammer empfohlen wird. Betroffene haben hiermit die Chance, sich die Kosten für private Gesundheitsleistungen von der gesetzlichen Krankenkasse erstatten zu lassen. Im Rahmen der Psychotherapie bedeutet dies, dass auf private Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen zurückgegriffen werden kann. Und der Clue daran: Diese haben oft schneller einen Therapieplatz frei als ihre Kollegen und Kolleginnen mit Kassensitz.
So läuft das Kostenerstattungsverfahren ab
Die Kostenerstattung basiert auf einer Rechtsnorm und ist nur möglich, wenn die gesetzliche Krankenkasse eine Gesundheitsleistung nicht oder nicht rechtzeitig erbringen kann, obwohl diese dringend und zeitnah erforderlich ist. Psychotherapiesuchende müssen also nachweisen können, dass eine Psychotherapie sowohl nötig als auch zeitnah erforderlich ist. Zudem muss nachgewiesen werden, dass die Therapie nicht über Psychotherapeuten oder Psychotherapeutinnen mit Kassensitz erfüllt werden kann. Sprich, es müssen Bemühungen dargelegt werden, dass erfolglos versucht wurde, einen Therapieplatz zu finden. Sind alle Nachweise vorhanden, kann ein Antrag auf Kostenerstattung bei der gesetzlichen Krankenkasse gestellt werden.
Nachweise zur Kostenerstattung und wo sie zu finden sind
1. Die ,,Individuelle Patienteninformation" (Erstgespräch)
Dieses Dokument ist ein Diagnosebogen, den Betroffene nach ihrem psychotherapeutischen Erstgespräch erhalten. Das Erstgespräch ist in den meisten Fällen problemlos über die Terminservicestelle unter der Rufnummer 116 117 direkt vereinbar und findet innerhalb weniger Tage bis Wochen statt. Für den Antrag auf Kostenerstattung ist es hilfreich, wenn auf diesem Dokument vermerkt ist, dass eine Psychotherapie zeitnah erforderlich ist. Tipp: In manchen Regionen kann das Erstgespräch auch online über eterminservice.de gebucht werden.
2. Die probatorische Sitzung
Probatorische Sitzungen gehen einer Psychotherapie voraus und dienen unter anderem dazu, den Behandlungsbedarf genauer zu bestimmen und zu schauen, ob PatientIn und TherapeutIn zusammenarbeiten möchten. Für den Kostenerstattungsantrag ist es wiederum hilfreich, eine probatorische Sitzung über die 116 117 zu vereinbaren, nachdem das oben genannte Erstgespräch stattgefunden hat. Auch wenn sowohl Erstgespräch als auch Probatorik über die Terminservicestelle in der Regel nicht in einem Behandlungsplatz in der Psychotherapie endet. So unterstützt dieser Termin dennoch die Bemühungen, einen Therapieplatz zu finden.
3. Der hausärztliche Nachweis
Um körperliche Ursachen auszuschließen, verlangen gesetzliche Krankenkassen häufig eine hausärztliche Überweisung in die Psychotherapie oder alternativ ein kurzes, formloses hausärztliches Schreiben. Aus dem Schreiben muss bloß hervorgehen, dass eine Psychotherapie empfohlen wird.
4. Das Kontaktprotokoll
Der letzte Nachweis ist das Kontaktprotokoll. Hierin werden die Kontaktaufnahmen zu acht bis zehn Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen mit Kassensitz notiert. Eine festgelegte Form gibt es nicht. Es sollten jedoch Name des Therapeuten oder der Therapeutin, Ort der Praxis und die Zeit der Kontaktaufnahme vermerkt werden. Zudem sollte eine Angabe vermerkt werden über die Verfügbarkeit von Therapieplätzen in der jeweiligen Praxis. So kann hier zum Beispiel stehen „Unerreichbar“, wenn trotz mehrmaliger Versuche einfach niemand ans Telefon geht. Oder eben „Keine Behandlungsplätze verfügbar“, sofern kein Therapieplatz in Aussicht gestellt werden kann oder die Wartezeit unzumutbar lang ist. Die Bundespsychotherapeutenkammer bezeichnet eine Wartezeit als unzumutbar, sofern sie länger als drei Monate ist.
Sind alle Nachweise zusammen, gehen die Dokumente in Kopie mit einem Kostenerstattungsantrag an die Krankenkasse. Im Internet sind einige Musterschreiben zu finden. Alternativ kannst Du auch uns von MindMe anschreiben, wir helfen gern. Die Krankenkasse muss dann innerhalb weniger Wochen über den Antrag entscheiden. Stimmt sie zu, kann ein privater Psychotherapeut bzw. eine private Psychotherapeutin gesucht werden und die Therapie kann starten. Lehnt sie ab, kann sich in vielen Fällen auch ein Widerspruch lohnen. Oft hatte ein solcher schon Erfolg.
MindMe: Die Extra-Hilfe für Betroffene
Sofern Fragen zum Kostenerstattungsverfahren aufkommen oder mit den Anträgen auf Nummer sicher gegangen werden soll, sind wir für Betroffene und Angehörige da. Einfach kostenlos oder gegen eine Spende (hilft uns sehr!) registrieren und den einfachen Schritten bis in die Psychotherapie folgen oder uns hier eine Nachricht schreiben. Wir übernehmen teilweise auch den Aufwand wie etwa das Erstellen eines Kontaktprotokolls, das Verfassen und Anpassen von Anträgen und mehr. Nutze diese Möglichkeit oder teile sie anderen mit. Denn MindMe ist hier, um zu helfen!
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